Fastenzeit (Passionszeit)

Fasten – ein Dauer(fettver)brenner

Fasten liegt im Trend. Ob Intervallfasten, Heilfasten nach Buchinger, Digital Detox oder sogar Dopaminfasten – im Internet gibt es unzählige Anleitungen, wie wir uns auf unterschiedlichste Arten etwas Gutes tun können, indem wir verzichten. Denn darum geht es beim Fasten eigentlich: um Enthaltsamkeit.

Oft liegt der Fokus auf dem Essen. Beim Fasten verzichten wir ganz oder in Teilen auf Nahrung oder bestimmte Lebensmittel. Beliebt ist zum Beispiel, für eine Weile Süßigkeiten oder generell Zucker von der Speisekarte zu streichen. Einige Fastenkuren bewirken durch den tagelangen Verzicht, dass der Körper auf die gespeicherten Fettreserven zurückgreift, wodurch wir – für viele das Ziel – abnehmen.

Fasten – mehr als ein Tool zum Abnehmen?

Neben dem Effekt einer Diät hat das Fasten auch reale Vorteile für die Gesundheit: Die Umstellung auf körpereigene Reserven bringt nämlich einen Selbstreinigungsprozess in Gang. Dadurch verbessert sich der Stoffwechsel, das Immunsystem regeneriert sich und Selbstheilungskräfte werden aktiviert. Die Zeit des Fastens ist also eine Zeit, in der wir auftanken und aus der Schwäche heraus neue Kräfte entwickeln.

Auch jede andere Form des Fastens kann gesund sein, wenn wir dadurch unseren Konsum hinterfragen und ein neues Maß dafür finden. Enthaltsamkeit bezieht sich daher nicht nur auf die klassische Nahrungszufuhr und Genussmittel, sondern auch auf die Zeit, die wir mit digitalen Medien oder vor dem Fernseher verbringen.

Wobei der Verzicht hilft? Nichts für selbstverständlich zu halten, Gewohnheiten zu überdenken, den Blick für das Wesentliche zu schärfen. Innezuhalten beim blinden „Reinschaufeln“.

Darum geht es auch in der Fastenzeit vor Ostern. Nur die wenigsten wissen, dass in der westlichen Welt die Tradition des Fastens auf die frühe christliche Kirche zurückgeht. Schon etwa seit dem vierten Jahrhundert sollen sich Christen mit Verzicht auf das Osterfest vorbereitet haben.

Warum gerade vor Ostern?

In der Fastenzeit erinnern sich Christen an das Leiden und Sterben von Jesu Christus. Daher wird diese Zeit auch Passionszeit genannt. Das Wort Passion kommt aus dem Lateinischen und bedeutet leiden, erdulden. Dieser Zeit wird die liturgische Farbe Violett zugeordnet, die als königliche Farbe assoziiert wird und symbolisch für Buße, Gebet und Besinnung steht. 

In der Fastenzeit sind Christen laut der katholischen Lehre zu gewissen Dingen angehalten: die Pflicht zum Fasten, d.h. zum Verzicht auf Fleisch, Milchprodukte und Eier, die verpflichtende Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste sowie auch die Teilnahme an der Osterbeichte. Traditionell sollen Katholiken in der Fastenzeit an Aschermittwoch sowie an allen Freitagen kein Fleisch essen. An Aschermittwoch und Karfreitag ist nur eine Hauptmahlzeit erlaubt. Auch viele evangelische Christen fasten, obwohl sie nicht dazu verpflichtet sind. Seit mehr als dreißig Jahren gibt es daher die Aktion „7 Wochen ohne“ in der evangelischen Kirche.

Durch die Praxis des Fastens möchten Christen ihren Alltag bewusst unterbrechen und sich neu auf ihren Weg mit Jesus ausrichten. Das beinhaltet auch immer, sich zu besinnen, Buße zu tun und umzukehren. Die 40-tägige Fastenzeit als Vorbereitung auf Ostern dient also auch dazu, sich der Botschaft des höchsten Festes der Christenheit erneut zu öffnen: dass Jesus wahrhaftig auferstanden ist. Dass er der Retter ist. Und wir durch ihn zum ewigen Leben finden.
 

Warum gerade 40 Tage?

Die Fastenzeit beginnt für Christen am Aschermittwoch. Der Begriff bezieht sich auf das Kreuz aus Asche, das Priester Gläubigen an diesem Tag zu Beginn der Fastenzeit auf die Stirn zeichnen. Es soll die Menschen daran erinnern, dass sie vergänglich sind. Die Asche stammt von Palmzweigen und wird im Gottesdienst gesegnet. Nach 46 Tagen endet die Fastenzeit mit dem Karsamstag. Da die sechs Sonntage vom Fasten ausgenommen sind, verbleiben also 40 Fastentage.

Die 40 Tage haben dabei einen biblischen Hintergrund. In der Bibel ist zu lesen, dass sich Jesus nach seiner Taufe vierzig Tage und Nächte in die Wüste zurückzog, ohne zu essen und zu trinken (nachzulesen in Matthäus 4).
 

Fasten trotz Corona?

Abstand halten und zuhause bleiben – die Corona-Pandemie zwingt uns alle bereits seit Monaten dazu, mit unseren Gewohnheiten zu brechen und auf ganz vieles zu verzichten. Und das nicht unbedingt freiwillig. Reicht das nicht schon? Müssen wir uns da wirklich in noch mehr Enthaltsamkeit üben? Nein. Müssen müssen wir gar nichts. 

Aber: Vielleicht tut es gerade unter diesen Umständen gut, etwas an eingefahrenen Situationen zu verändern. Indem wir etwas weglassen, nur etwas ganz Kleines zum Beispiel. Das Wichtigste dabei ist, dass wir Gott an diese Stelle rücken lassen. Ihm etwas mehr Raum geben, als wir es sonst im Alltag tun würden. Wir können auf die dritte Folge unserer Serie verzichten und dafür Gedanken aufschreiben oder ein Bild malen. Und ihn in jedem Wort oder Pinselstrich spüren. Wir können bei der fünften Runde, die wir auf dem Balkon drehen, den Kaffee weglassen und dafür ein Lied mit ihm singen, ein Gebet an ihn sprechen. Oder auf die Schokolade verzichten und dafür ihm zu Ehren Klopapier-Origami falten.

Alles ist erlaubt (was erlaubt ist).
 

im Kalender 2022:

Mittwoch 2. März – Samstag 16. April

„Weniger bringt mehr?! Wenn Christen fasten.“ – Doku